Geschichte
Windmühlen – wer dächte da nicht zuerst an längst vergangene Zeiten? Wir sehen sie auf alten Bildern und hören von ihnen in vielen Märchen und Volksliedern. Immer wird die Mühle von etwas Geheimnisvollem umgeben.
Zumeist liegt sie - wie die Griebener Mühle ursprünglich - ein wenig abseits der Ortschaft, wo ein Hügel oder Bachlauf ihren Standort bestimmt.
Seit Jahrtausenden ist unser tägliches Leben mit der Verarbeitung von Getreide verbunden. Die Entwicklung vollzog sich über Reibstein bis zu den mit muskelkraftbetriebenen Handmühlen.
Von Tieren angetriebene Mühlen sind aus dem römischen Pompeji bekannt. Die ersten europäischen Windmühlen lassen sich bis ins 12. Jahrhundert nachweisen und standen im damaligen Herzogtum Normandie. Die älteste Bockwindmühle in Deutschland stand sehr wahrscheinlich auf der Kölner Stadtmauer und stammt aus dem Jahr 1222. Nach einem anderen Bericht soll die erste Windmühle in Deutschland bereits im Jahre 1182 von München des Klosters Kamp in der Nähe von Kamp-Lintfort am Niederrhein erbaut worden sein. In den Niederlanden stammt die älteste aus dem Jahr 1274. Auch in Dänemark gibt es erste Datierung aus dem 13. Jahrhundert. Nach Polen und nach Russland kam die ersten Windmühlen im 14. Jahrhundert, in die Balkanländer im 16. Jahrhundert. All diese frühen europäischen Windmühlen waren Bockwindmühlen.
Das Prinzip einer Bockwindmühle ist denkbar einfach. Da hierzulande nur eine Windmühle effektiv arbeiten kann, die den wechselnden Windrichtungen Rechnung trägt, war man gezwungen, dieses Problem zu bewältigen. An einem quaderförmigen Mühlenhaus, auch Mühlenkasten genannt, befinden sich die Flügel. Die Drehbewegung der Flügel wird über die annähernd waagerecht, verlaufende Flügelwelle mittels eines hölzernen Getriebes senkrecht auf die Mahlgänge übertragen. Es ist bemerkenswert, dass die ersten Bockwindmühlen in Europa, fast genauso aussahen, wie die Bockwindmühlen, die erst im 19. Jahrhundert erbaut wurden. Da die Mühlen ausschließlich aus Holz errichtet wurden und Holz in vergangenen Jahrhunderten ein äußerst preiswerter und in ausreichendem Umfang vorhanden Baustoff war, stand der Verbreitung der Bockwindmühle nichts im Wege.
Seit 1810 ist in Grieben mindestens ein Mühlenstandort bekannt. 1837 und 1840 werden zwei Bockwindmühlen im Dorf errichtet und 1850 sogar noch eine fünfflügelige Holländermühle. Vermutlich haben bis 1910 am Südrand des Dorfes drei Windmühlen gestanden. Sie haben ein Dreieck gebildet, dessen Seitenlängen kaum 400 m betragen haben. Bis 1940 wurde in Grieben Getreide zu Mehl und Schrot mit Windkraft verarbeitet. In der Nähe der Schule, unweit der Tangerhütter Chaussee, stehen heute noch die Überreste der Bockkonstruktion der Horstmann´schen Mühle. Sie wurde 1840 errichtet und hat bis 1940 Getreide gemahlen. Auch diese Mühle war dem Konkurrenzdruck der Motormühlen nicht gewachsen. Bei einem schweren Sturm stürzte sie 1981 ein. 1850 hat die Familie Schmücker - ebenfalls auf der Ostseite der Bittkauer Straße - Ecke Elbstraße eine Holländermühle mit fünf Flügeln erbaut. Diese Mühle ist kurz vor dem ersten Weltkrieg abgebrannt.
Die älteste der drei Mühlen war die Uchtenhagen´sche Mühle am Bittkauer Weg, benannt nach dem letzten Müller. Am südlichen Ortsausgang, in Richtung Bittkau, befand sich auf einer kleinen Anhöhe der Standort dieser Bockwindmühle. Zum Mühlengrundstück gehörte auch eine Hofanlage mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden.
Als Baujahr der Mühle ist das Jahr 1837 bekannt. Aus Schnitzwerken in der Eichenbalkenkonstruktion wird angenommen, dass sie wesentlich älter sein könnte und wahrscheinlich schon um 1750 errichtet wurde. Mit einer Mühle am Bittkauer Weg verbindet sich eine traurige Geschichte aus der Zeit der französischen Besatzung um 1810. Ein Griebener Einwohner sei spätabends, als schon die Ausgangssperre eingetreten war, aus Kehnert zurückgekehrt. Er wurde „nahe der Mühle“ von einem Besatzungssoldaten erschossen, weil er die Parole nicht kannte. Es könnte an dieser Mühle geschehen sein.
1932 ist August Uchtenhagen, der sein Leben lang Müller war, gestorben. Sein Sohn Otto hat bald danach den Mühlenbetrieb aufgegeben, wahrscheinlich wegen der Konkurrenz durch die Motormühlen. 1987 wurde der Wellkopf in Tornau bei Stendal für die Rekonstruktion der dortigen Bockwindmühle ausgebaut. Seitdem hatte die Mühle auch keine Flügel mehr. Bis zur Einstellung des Mahlbetriebes im Jahre 1934 prägte die Mühle das Dorfbild in südlicher Richtung . Über die Jahrzehnte veränderte sich die Situation jedoch.
Durch jahrzehntelangen Stillstandszeit und fehlende Unterhaltung war die Uchtenhagen´schen Mühle lange Jahre dem Verfall preisgegeben. Ein nur noch in Resten erhaltenes Dach und eine stark beschädigte Außenverkleidung schützten die Mühle nicht mehr vor Witterungseinflüssen. Eindringende Feuchtigkeit führte in der bestehenden Holzkonstruktion teilweise zu irreparablen Schäden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden einzelne Maschinen nach Jerichow bei Genthin gegeben.
Nachdem die Mühle Jahrzehnte dem Verfall preisgegeben war, bemühte sich die Bürgermeisterin Frau Platte bei dem Eigentümer um den Erwerb der alten Mühle. Mit Unterstützung des Gemeinderates beabsichtigte sie die Mühle an dem jetzigen Standort wieder zu errichten, denn das ursprüngliche Grundstück hatte in den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts seinen mühlentypischen Reiz verloren. Die beidseitige Bebauung der Bittkauer Straße und der Aufwuchs von mächtigen Bäumen haben dazu geführt, dass ein betreiben der Mühle - auch durch die veränderten Windverhältnisse - vor Ort nicht mehr möglich war. Der Eigentümer hatte sich bereits nach der Wende für den Erhalt der Mühle ausgesprochen, jedoch war von Anbeginn klar, dass das aus den vorgenannten Gründen nicht am ursprünglichen Ort möglich sein konnte. In Abstimmung mit der Gemeinde Grieben wurde ein neuer Standort in der Bittkauer Straße ausgewählt, auf einem gemeindeeigenen Grundstück.
Die alten Mühlenreste wurden fachgerecht, auf Kosten der Gemeinde, durch einen Mühlenbaubetrieb aus Mecklenburg abgebaut. Beim Abbau wurden alle noch brauchbaren Teile gekennzeichnet. Die Einlagerung der Teile erfolgte für den Wiederaufbau am vorgesehenen Standort im Ort.
Damit verschwandt die Uchtenhagen´sche Bockwindmühle auf der Ostseite des Bittkauer Weges und mit ihr die letzte der ehemals drei Griebener Windmühlen.
Bei den Aufbauarbeiten sollte der Erhalt von Originalsubstanz grundsätzlich vor Erneuerung von Bauteilen stehen. Tragende Teile durften jedoch nur im Ausnahmefall und unter Beachtung möglicher Risiken für den geplanten Betrieb repariert und weiterverwendet werden. Es musste also in der Vorbereitungsphase genau dokumentiert und festgelegt werden, welche Teile noch verwendbar bzw. welche entsprechend der Originalvorlage maßgenau wiederhergestellt werden konnten. Scheinbar unbrauchbarer Teile sollten eine gewisse Zeit aufbewahrt werden, um Baumaße abnehmen zu können.
Die Gemeinde Grieben hat dann schließlich Grundstück und Materialien gekauft, Gutachten Projekte bezahlt, Geld beschafft, sich zum Schluss an, der komplementärfinanzierung beteiligt. Die erste Versammlung zu Wideraufbau der Mühle fand im September 2002.
Im April 2003 wurde dann der Heimat- & Mühlenverein Grieben e.v. gegründet, der sich zur Aufgabe gestellt hatte, den Wiederaufbau der Bockwindmühle zu realisieren. Er wurde dabei in hohem Maße durch die Gemeinde Grieben unterstützt. Der Beginn der Fundamentarbeiten startete im Oktober 2003. Die Errichtung des Mühlenbockes mit Hausbaum und Mehlbalken erfolgte dann im Dezember 2003. Im Januar 2004 kam es zur Zusammenarbeit mit der Altmärkischen Planung-Entwicklungs-Gesellschaft (APEG) Tangerhütte. Die Aufnahme in die Lokalen Arbeitsgruppe Mittlere Altmark erfolgt im Februar 2005. Nach der Einreichung des Förderantrages an das Landesverwaltungsamt in Halle wurden dann aus Mittel der Europäischen Gemeinschaftsinitiative Leader -Plus die Finanzierung sichergestellt. Hierzu kam noch die finanzielle Unterstützung durch die Gemeinde Grieben, die Sparkasse Stendal, die vielen privaten Spenden und nicht zu vergessen, die hilfreichen Arbeitsleistung der Bürger der Gemeinde Grieben.
Die Bockwindmühle wurde am 6. Mai 2006 feierlich eingeweiht und ist ein Schmuckstück geworden. Neben der Mühle wurde ein Backhaus errichtet. Die zum Teil verwendeten Balken stammen aus dem ältesten Haus in Grieben, das durch die Mitglieder des Vereins abgerissen wurde und auch die Steine sind Abrisssteine, die geputzt und abgesäuert wurden. Im Inneren des Hauses befindet sich ein Steinbackofen, der dann zu bestimmten Anlässen genutzt wird.
Die Mitglieder des am 4. April 2003 neugegründeten Heimat- & Mühlenverein Grieben e.V. haben sich dafür ausgesprochen, diese Mühle als letztes Zeugnis eines jahrhundertealten technischen Entwicklungsstandes und einer vergangenen Produktionsweise zu erhalten. Die Wiedererrichtung einer Bockwindmühle soll dem Dorf ein Stück seiner Vergangenheit zurückgeben und das Dorfbild dessen, unübersehbar Teil die drei Mühlen früher gewesen sind, ergänzen und bereichern. Die alte Mühle am neuen Standort wird gerieben und die Region zukünftig bereichern. Die Bockwindmühle soll stets allen Gästen der Region offen stehen und als Denkmal und funktionierende Schauanlage demonstrieren, wie unsere Vorfahren lebten und Getreide verarbeitet haben. Die Nachbarschaft zum stark frequentierten Elberadweg lässt sie, wie alle Mühlen in der Elbtalaue, zum touristischen Magneten werden.
Jede Spende für unsere Vereinsarbeit hilft unsere Griebener Bockwindmühle zu erhalten!
Heimat- und Mühlenverein Grieben e.V.
Kreissparkasse Stendal
IBAN: DE83810505553072000904
BIC: NOLADE21SDL